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Rezension von Prof. Dr. Thomas Stützel

Direktor i.R. des Botanischen Gartens der Ruhr-Universität Bochum

Von Besuchern außerhalb der Wissenschaft werden Botanische Gärten oft nur als wunderschöne Parks wahrgenommen. Bei Führungen kann man erleben, dass zusätzliches Wissen das Erlebnis noch schöner macht und man kann auch ein wenig Einblick in das bekommen, was in den modernen Biowissenschaften heute geschieht. Nur sind Führungen nicht immer im Angebot, wenn man gerade Zeit für einen Spaziergang hat. Eine interessante Alternative und Ergänzung zur Führung durch Personen ist ein gedruckter Führer. Der Botanische Garten der Heinrich-Heine-Universität hat nun einen neuen solchen Führer vorgelegt. Mit rund 300 Seiten und über 380 durchgehend farbigen Abbildungen ist der Führer umfangreicher und informativer als der vieler anderer Gärten. Einige Aufnahmen sind von einer Drohne aus gemacht und schon wegen der ungewöhnlichen Perspektive spektakulär schön.

Als Botaniker und Gartendirektor schaut man natürlich zuerst, was die Nachbarn so haben und wie sie es präsentieren. Ich kenne den Düsseldorfer Garten sicher seit 20 Jahren und habe doch bei einigen Dingen gedacht „oh – das haben die auch“. Das wird auch regelmäßigen Besuchern so gehen und der Führer wird sie zu bisher übersehen Besonderheiten führen. Die Texte, Fotos und einige Zeichnungen führen anschaulich in die Betrachtungsweise ein, mit der Botaniker ihre Objekte sehen. Vieles was zuvor vor allem als schön wahrgenommen wurde, kann so zusätzlich auch als sehr interessant erlebt werden. Nützlich wäre es hier, wenn bei den Fotos der Aufnahmezeitpunkt vermerkt wäre. Das wird zwar in verschiedenen Jahren nicht punktgenau passen, aber als Hinweis, wann was zu sehen ist wäre es sicher hilfreich.

Kapitel über Medizinalpflanzen und Apothekergarten sowie über Pflanzenzüchtung mit klassischen und gentechnischen Methoden versuchen, dem Leser die Fakten nahezubringen und ihn damit in die Lage zu versetzen sich selbst eine Meinung zu bilden. Im Gegensatz zu Lobby-Gruppen erfolgt das hier in einer Weise, bei der man nie den Eindruck hat, es solle einem die Auffassung des Schreibers aufgenötigt werden.

Ein ganzer Abschnitt widmet sich dem einzigartigen Kuppel-Gewächshaus des Düsseldorfer Gartens. Die beeindruckende Architektur wird hier auch geometrisch erklärt. Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass Botanische Gärten auch für die Vermittlung von Wissen außerhalb der Botanik eingesetzt werden können.

Der Führer ist ästhetisch und vom Informationsgehalt her wunderbar gelungen. Ich wünsche ihm den Erfolg und die Verbreitung die er verdient hat. Es ist auch zu wünschen, dass er dem Botanischen Garten Düsseldorf und insgesamt den Naturwissenschaften weitere Besuchergruppen erschließt und damit auch zur Verankerung der Universität in der Öffentlichkeit noch stärker beiträgt. Mit dem ebenfalls im Führer behandelten „Grünen Klassenzimmer“ werden die jüngeren und jüngsten Besucher angesprochen. Ein zuhause ausgelegtes Exemplar hat schon gezeigt, dass der Führer alle Altersgruppen anspricht.

Prof. Dr. Thomas Stützel

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